Ihre Geburtsorte liegen nur dreißig Kilometer
voneinander entfernt. Roswitha stammt aus Peuerbach, Friedrich
aus Rainbach bei Schärding. Trotzdem haben sie sich in Wien
kennengelernt. Friedrich Zauner beendete gerade sein Studium der
Germanistik und Theaterwissenschaften, Roswitha arbeitete als
Sekretärin.
Als Kind hatte Roswitha Zauner ihre Schwester fürs Zuhören
bezahlt. Eine Geschichte kostete fünfzig Groschen. Viel Geld
in den fünfziger Jahren, mühsam erspartes Taschengeld.
Aber nach dem Tod der gelähmten Großmutter, mit der
sie stundenlang 'Geschichten erfinden' gespielt hatte, brauchte
sie ein neues Publikum. Nicht einmal im Traum hätte sie damals
daran gedacht, daß man mit etwas so Schönem wie 'Geschichten
erzählen' Geld verdienen könnte.
Roswitha und Friedrich waren schon Monate eng befreundet, als
sie sich gestanden, daß sie beide 'das Schreiben' als ihren
eigentlichen Lebensinhalt betrachteten. Jeder hatte im stillen
Angst gehabt, vom anderen als 'spinnert' eingestuft zu werden.
Die gemeinsame Zukunft, in der das Schriftstellen eine zentrale
Rolle einnehmen sollte, wurde mit vielen Illusionen, aber auch
einem gesunden Sinn für das Machbare geplant. Der erste Plan,
in Amerika soviel Geld zu verdienen, um sich nach der Rückkehr
ganz 'dem Dichten' widmen zu können, scheiterte in allerletzter
Minute. Kurz vor dem Abflug meldete sich Jakob, das älteste
der vier Zaunerkinder, an. Also mußte man umdisponieren.
Friedrich Zauner bewarb sich um einen Lehrerposten in Tirol. Eine
möglichst entlegene, möglichst kleine Schule sollte
es sein, damit genug Zeit zum Schreiben bliebe.
Sie kamen in die damals einklassige Volksschule nach Obergurgl.
200 Einwohner, 2000 Meter hoch gelegen. Die ersehnte Ruhe fanden
sie nicht. Obergurgl ist eine Fremdenverkehrsgemeinde. In der
Wintersaison kommen auf einen Einwohner zehn Gäste. Die Obergurgler
Kinder flüchteten vor so vielen Fremden in die Schule, kamen
am Abend sogar in die Lehrerwohnung. Da sich niemand anderer fand,
mußte Roswitha Zauner den Unterricht in Englisch und Handarbeiten
übernehmen. Die englischen Wintergäste waren über
die Sprachkenntnisse der kleinen Obergurgler begeistert. Die Obergurgler
Mütter trennten kopfschüttelnd die unförmigen Gebilde
wieder auf, die ihre Kinder als Socken stricken gelernt hatten.
Obwohl bald ein zweites 'Bergkind' geboren wurde,
blieb Roswitha Zauner doch irgendeinmal Zeit, ihr erstes Hörspiel
zu schreiben. Es hieß "Meditationen über Peuerbach"
und stellte eine Folge von Impressionen ihres Geburtsortes dar,
die alle ein bißchen Wahrheit und viel Dazugesponnenes enthielten.
Das Stück der bisher unbekannten Autorin wurde auf Anhieb
von mehreren Rundfunkanstalten gesendet. Auch Friedrich Zauner
konnte erste Veröffentlichungen aufweisen. Als die beiden
erkannten, daß mit den Schriftstellerhonoraren das Einkommen
zu erreichen war, das sie als Lehrer bezogen, beschlossen sie,
das Schreiben zum Beruf zu machen.
Das
Land als Schaffensquelle
Sie zogen in Friedrichs Elternhaus, an den Hängen
des südlichen Sauwalds gelegen, bekamen noch zwei Kinder,
schrieben, schrieben - und konnten davon leben. An Warnungen hatte
es nicht gefehlt: Wenn schon Dichter, dann in einer Großstadt,
wo die Kultur schließlich gemacht wird... Roswitha und Friedrich
Ch. Zauner sind dem Dorf treu geblieben. Sie halten die Verbundenheit
mit der Landschaft und ihren Bewohnern für die Quelle ihres
Schaffens. Nach wie vor sind sie davon überzeugt, daß
Literatur den Menschen bewegen soll, daß er die erzählte
Welt verstehen können muß, daß sie ihn betreffen
soll, damit er sich lesend in sie einfügen kann. 'Wenn das
nicht gelingt, höre ich mit dem Schreiben auf' ist die Forderung,
die Friedrich Ch. Zauner an sich selbst gestellt hat. Gerade mit
seinen letzten großen Romanen, dem Zyklus "Das Ende der
Ewigkeit" ist es Zauner in großartiger Weise gelungen, den
Leser in die Welt seiner Dichtung hineinzuziehen, zu saugen, sodaß
er sich schließlich im Dorf Thal beheimatet fühlt.
Auch in Roswitha Zauners Werken ist die tiefe Verbundenheit mit
der Heimat fühlbar. "Meine Liebe - Mein Land" heißt
ihr erster Gedichtband. Ihr zweiter trägt den Titel "Wenn
ich deine Honda wäre". Geschrieben hatte Roswitha Zauner
diese Gedichte ohne Hoffnung, je dafür einen Verleger zu
finden. Doch weil die Kindersehnsucht, 'jemanden zum Zuhören'
zu haben, nie ganz gestorben ist, schickte sie ihre zu Papier
gebrachten Gedanken - traurige, wehmütige, heitere, frivole
Verse - an einen deutschen Verlag. Es wird ihr mitgeteilt, daß
man an sich keine Lyrik herausbringe, daß aber diesmal eine
Ausnahme gemacht werde, weil der Verleger nach diesen Gedichten
geradezu süchtig geworden sei. Das Buch erlebte schließlich
sechs Auflagen. Es wurde auch eine Fortsetzung bestellt, doch
Frau Zauner mußte abwinken. 'Gedichte kann man nicht auf
Abruf schreiben, sie müssen einem aus der Seele kommen.'
Ihren Beitrag zum Lebensunterhalt der Familie verdiente Roswitha
Zauner in erster Linie mit dem Schreiben von Hörspielen.
Sie hat einige sehr renommierte Hörspielpreise erhalten sowie
den Kulturpreis 1985 des Landes Oberösterreich. Auch ihre
Kindertheaterstücke wurden Erfolge.
So Verschiedenes und Verschiedenartiges Roswitha und Friedrich
Ch. Zauner auch schreiben, sie haben gemeinsam, mit wenigen Sätzen,
oft nur mit ein paar Worten, ein Geschehen oder eine Gefühlsregung
so zu vergegenwärtigen, daß der Leser unmittelbar ergriffen
wird. Roswitha Zauner beherrscht diese Kunst bis zur Vollendung.
Eines ihrer Gedichte steht am Anfang des Zyklus "Das Ende der
Ewigkeit". Es schlägt gleichsam den Ton an, gibt die Melodie
vor, aus der Friedrich Ch. Zauner die gewaltige Sinfonie eines
Dorfes in der Zeitspanne einer Generation schreibt.
Erster
Leser ist der Partner
Das Schriftstellerehepaar arbeitet seit mehr
als dreißig Jahren eng zusammen. Im Laufe der Jahre hat
sich ein festes Ritual entwickelt: In der Vorbereitungsphase wird
viel über das geplante Werk gesprochen, zum Schreiben zieht
sich jeder zurück. Das fertige Werk liest auf jeden Fall
zuerst der Ehepartner. Kritik wird kaum geübt. Beide sind
empfindlich und beide können sich nicht vorstellen, daß
ihnen etwas, das der andere geschrieben hat, einmal gar nicht
gefallen könnte. 'Dazu leben wir zu lange und zu eng beisammen.'
Im Haus ist es inzwischen still geworden. Die
Kinder sind weggezogen, das erste Enkelkind wurde in London geboren.
Da bleibt Zeit für Lesungen, auch im Ausland. Zeit, die zum
Kennenlernen fremder Länder genützt wird. Urlaub im
Ausland haben Roswitha und Friedrich Zauner noch nie gemacht,
weil sie sich nirgends so daheim fühlen, wie zuhause.
Obwohl Friedrich Ch. Zauner im Freundes- und Kollegenkreis ungleich
diskutierfreudiger und eloquenter ist als seine Frau, übt
Roswitha das Amt des 'Außenministers' aus. Sie hält
den Kontakt zur dörflichen Umwelt aufrecht, sie berichtet
von den großen Tragödien und den kleinen Begebenheiten
aus dem Dorf, kurzum, sie steuert jene 'Alltäglichkeiten'
bei, die den Romanen Friedrich Zauners Wirklichkeitsnähe
und Geschichtstreue verleihen.
Anders als in Tirol, wo sie sich immer ein wenig fremd fühlten,
ist das Dichterehepaar in Rainbach fest verankert. 'Am Anfang
waren die Leute zwar skeptisch, denn Dichter ist schließlich
kein seriöser Beruf, aber jetzt sind sie stolz auf uns.'
Roswitha und Friedrich Ch. Zauner haben ihrerseits die Genugtuung,
in Menschen, die sich sonst kaum Zeit für Literatur nehmen
würden, treue Leser zu finden. Die Rainbacher aber lesen
nicht nur Zauners Bücher, sie mieten sogar Autobusse, um
dabei sein zu können, wenn etwa in Salzburg oder in Linz
eines seiner Stücke am Theater aufgeführt wird.