Zauner.Literatur: Infos

Jörg Thunecke

aus "Das erzählerische Werk Friedrich Ch. Zauners"

Schlussbetrachtung

Ein abschließender Überblick über Friedrich Zauners erzählerisches Werk bestätigt somit durchaus des Autors Selbsteinschätzung, dass 'damit Kunst zur Kultur wird und über Region und über die Zeit hinaus gilt, sie eine Verankerung und eine prägende Funktion in der Gesellschaft und in den Menschen finden müsse.' (Edmunds, a.a.O., S.364) In diesem Kontext scheint es daher auch passend, hier eins seiner eigenen Credos zu zitieren, da dies - laut Reinhold Reiterer - sehr viel über die literarische Verfahrensweise und das Selbstverständnis des Autors aussagt: 'Es macht mir als Dramatiker überhaupt nichts aus, Welten zu erfinden', gab er nämlich einmal zu verstehen: 'Es ist mir ganz wurscht, ob ich sozusagen in eine Geschichte der Zukunft hineinschreibe, dies nicht gibt, oder in eine Vergangenheit, die ich persönlich nicht erlebt habe. Aber in allen Fällen mag ich der Schreiber bleiben, der ich bin, nämlich ein oberösterreichischer, der eine ganz spezifische Erfahrung hat, zu der er kritisch und lustig und böse, auch schwärmerisch und auch sehr distanziert steht. Dazu bekenne ich mich heftigst. Auch wenn die Geschichte in der Vergangenheit spielt, dann erzählt sie ein Österreicher des 20. Jahrhunderts. Dazu bekenne ich mich, das ist meine Sprache, ich kann ja gar nicht anders. Das ist meine Weltbeobachtung. Ich habe im Innviertel schreiben und beobachten gerlernt. Schreiben aus den erzählerischen Talenten dieses Innviertels.' Und in einem Interview mit Edmunds hat er angedeutet, dass er in seiner Arbeit grundsätzlich 'nicht moralisierend oder pädagogisch wirke, sondern stets versuche, eine Welt oder die Änderung einer Welt sinnlich erfahrbar zu machen.' Ferner beweist die Einschätzung Josef Haslingers - seines Zeichens selbst ein bekannter, aus der Provinz stammender österreichischer Schriftsteller, dass Zeuner 'nicht belehrt, nicht verklärt - er erzählt. Und zwar in einer kargen und präzisen, einfachen und treffenden Sprache, die sich ohne Pathos zur puren Sprachgewalt zu steigern vermag...' Laut dem türkischen Gelehrten Selcuk Ünlü nimmt Zauners Prosa in der zeitgenössischen österreichischen Literatur eine Ausnahmestellung ein', und seine Kollegin Graziella Hlawary pflichtet ihm bei, indem sie betonte, dass Zauners erzählerisches Werk, nirgends 'in Kitsch und billige Sentimentalität abgleitet.' Generell gilt daher für alle Prosaschriften des Autors Maria Hauers kritische Einschätzung, dass Zauner in seinem Prosawerk 'ungemein genau und mit viel historischem Wissen die handelnden Personen, Männer, Frauen und Kinder, die wenigen Reichen und die vielen Habenichtse, ihr Zusammen- und Nebeneinanderleben, ihre Anhängigkeit, ihre Eigenständigkeit, ihre Zuneigung und ihren Hass, ihre Feindseligkeiten und ihre Geheimnisse, ihre Wünsche und Sehnsüchte, ihre Schwierigkeiten und ihre Freiheit, ihren täglichen Lebenskampf, aber auch ihre Lebensfreude beschreibt' und dass er 'weder beschönigt noch erklärt, sondern beschreibt und so eine Vielfalt des scheinbar einfachen Lebens lebendig werden lässt.' Angesichts dieser Tatsache ist es deshalb auch nicht verwunderlich, dass die oben zitierte türkische Germanistin meinte, 'die Lektüre von Zauners Werken mache süchtig.' Das sagt eigentlich alles!

 

 

 

 

Peter Beicken:
Peter Pabisch, Die Rainbacher Evangelienspiele. Voll der Erwartung. Zu Friedrich Ch. Zauner. Von Jakob, Josef und seinen Brüdern. Zweisprachige Ausgabe, deutsch - englisch. München: Morgenroth Media GmbH, 2014, 109S.

        Pabisch ist eine rare Doppelbegabung, nämlich Lyriker und Zeichner. Den 1936 im Dorf Rainbach im Innkreis geborenen Friedrich Ch. Zauner, einen bekannten oberösterreichischen Romancier und Dramatiker, lernte er auf einer von ihm arrangierten PEN-Tagung in Neu Mexiko kennen. Zauner war imponiert von Pabischs Talent als Zeichner, als er Bilder von Aufführungen von No-Spielen in Tokyo, an der Oper in Santa Fe und an der "schaubühne" in Berlin sah. Sodann lud er Pabisch zu den zehnten Rainbacher Evangelienspielen ein. 2004 hatte Zauner diese inzwischen sehr erfolgreichen und beliebten Festspiele mit seinem Stück Passion begonnen. Sein Stück Von Jakob, Josef und seinen Brüdern stand 2013 auf dem Programm. Pabisch gefiel die ungezwungene, kongeniale Atmosphäre im idyllischen Rainbach und die undogmatische Aktualisierung des biblischen Stoffes auf allgemein Menschliches und  universal Gültiges hin.
Das jetzt vorliegende Buch mit dem bezeichnenden Titel Voll der Erwartung zeigt Pabischs Gespanntsein auf seine Aufgabe, sein Engagement und ein glückliches Zusammentreffen von Auftragsarbeit und künstlerischem Dabeisein. In der ersten Reihe sitzend hat Pabisch mit Stift und Zeichenblock die Aufführungen im raschen Skizzieren festgehalten und regelrecht in Bildern mitgeschrieben nach dem, was er "Prinzip der wenigen Striche" nennt, da "für genaue Zeichnungstechnik wenig Zeit zur Verfügung steht." Zeitdruck und dauernd wechselndes Bühnengeschehen, fortwährende Bewegung müssen also geschickt und vor allem schnell skizziert werden, denn "die bildnerische Darstellung muss das Wesentliche erfassen."
Von knapp zweihundert Skizzen in vier Tagen hat Pabisch siebzig für das Buch ausgewählt und dann die summierenden Texte dazu geschrieben, manche wie der folgende auf einen Satz beschränkt: "Sobald die Musiker bereit sind, kann es losgehen!" (38) Das bringt einen weiteren wichtigen Aspekt der Spiele zur Sprache. Zauner arbeitet hauptsächlich in den Hauptrollen mit Berufsschauspielern, aber setzt auch, um bodenständig zu sein und das Umfeld mit einzubeziehen, viele Laiendarsteller mit ein. So wird Rahel, Jakobs Liebling seiner vier Frauen, von einer begabten Jugendlichen (Jasmin Ablinger) recht dialektgefärbt gespielt, während sie in den Interviews mit dem ORF (auf Youtube) sehr artikuliert in ihrer Mundart in Erscheinung tritt. Zusätzlich zu den Schauspielern gibt es auch ein Orchester, das eine eigens komponierte Musik spielt, wobei die Hauptinstrumentalisten, zwischen sechs und sieben, von den ca. zwei Dutzend Sängern, die oft auch Instrumente spielen, beim Musizieren ergänzt werden. Üblich sind eine Ouvertüre, musikalische Untermalung und Kommentierung der Handlung und Zwischenspiele.
Zauner spricht im Interview mit ORF (Youtube) über seine neueste Bibeldramatisierung, schon vor fünfzig Jahren hat er seine ersten Bibelstücke verfasst, und man merkt gleich, dass es ihm nicht um eine enge christliche Selbstdarstellung geht, sondern um Menschenzeichnung, die uns Heutige ansprechen soll. Für ihn ist Jakob kein Held, den Schwindleraspekt des Stammesvaters Israels lässt er beiseite, sondern er konzentriert sich auf Jakob als Beispiel menschlicher Treue, zu Gott, zu seinen Frauen, zur Familie, zu seinem Land, zu sich selber. Auch der betrogene und wütend reagierende Esau tritt in seinem Stück auf, bedroht sogar seine Mutter Rebecca, die schon immer Jakob ihm vorgezogen hat, mit dem Schwert, bis er, der wilde Esau Jahre später sich mit allen versöhnt.
Auch das Schicksal Josefs ist gezeichnet von Neid, Missgunst und dem Wunsch, den ungeliebten Bruder beiseite zu schaffen. Als Sklave nach Ägypten verkauft erfährt Josef jedoch eine erstaunliche Karriere durch sein vom Pharao geschätztes Traumdeuten, das seinen erstaunlichen Aufstieg begründet. Trotz seiner mächtigen Stellung wandelt sich Josef zum Weisen und Wohltäter, der sich auch wieder mit seinen Brüdern versöhnt, worauf auch Jakob zufrieden im Kreise der Seinen sterben kann. Er hinterlässt nun einen gottgefälligen Stamm. Beindruckt vermerkt Pabisch, wie das Publikum dieses Ende "mit brausendem, anhaltendem Applaus belohnt". Mit einer gedrängten englischen Zusammenfassung auf nahezu zwölf Seiten beschließt Pabisch seinen Band, den man eher als Hommage denn reinen Auftrag bewerten kann.
Noch ein Wort zu den stenografierten Bildern. Gewiss, es ist aus der Situation heraus erzwungene rasche Arbeit. Aber man sieht, dass Pabisch es liebt, das Flüchtige fast ebenso flüchtig zu fassen, zwar nicht als bloße Kritzelei, sondern als Skizze, der die Atemlosigkeit des Vorgangs, der schnelle Blick und rasche Stiftführung eigen sind. Denn für eine ganze Reihe der Bilder hätte sich Pabisch Zeit lassen können, etwa die 'Außenaufnahmen' des scheunenartigen Theaters, die Bibliothek, den Schminkraum, das Büffet, um mehrere zu nennen. Aber auch diese Bilder sind nicht zeichnerisch genau ausgeführt, wie es zeitlich möglich gewesen wäre, sondern ebenfalls im Duktus des Flüchtigen gehalten. Was nun die Darstellung des Wesentlichen anbelangt, da sind viele gelungene Skizzen, die das Charakteristische und auch Wesentliche eindrucksvoll wiedergeben, besonders "Die Familie" (12-13),  "Josef" (25), "Frauen-Chor" (40-41), "Potiphar" (69) und "Jakobs Ende" (92), um einige Beispiele zu nennen. Andere verharren im Flüchtigen, bringen zwar Bewegungsmomente sehr nahe nach dem Prinzip der Striche, aber sie verzittern das Gelungen-Dauerhafte. Doch wären sie nachgezeichnet und zeichnungstechnisch ausgeprägter, fehlte ihnen wahrscheinlich das Unmittelbare und Spontane, das zu Pabischs Grundgestus gehört und seinen zeichnerischen Duktus unverwechselbar macht.
Herausgekommen ist ein weitgehend gelungener Band, der viel vermittelt von den Rainbacher Evangelienspielen, von Zauners Bemühungen um zeitgemäßes Theater auf dem Lande, das unkonventionell Biblisches neu präsentiert. Pabisch hat mit seinen Bildaufzeichnungen visuelle Entsprechungen geschaffen, die ohne großes Pathos auskommen und die Bühnenkunst in Skizzenserien festhalten, so dass viele Erwartungen erfüllt werden.

 

Weiters im Verlag morgenroth media München:

Das Joch der Erde

Wie in der Romatetralogie "Das Ende der Ewigkeit"  am Beispiel Innviertler Bauern, wird auch in der Theatertrilogie "Das Joch der Erde“ Geschichte von unten her erzählt. Nicht an Hand von Helden sondern am Schicksal ‘einfacher’ Menschen entrollen sich die politischen Stränge einer Epoche in drei selbständigen, aber zusammenhängenden Stücken. Eine amerikanische Trilogie nennt der mehrfach ausgezeichnete Autor sein Opus, denn während im Romanzyklus ein kleines österreichisches Dorf als Modellfall für europäische Geschichte dient, ist "Das Joch der Erde" bewusst in den USA angesiedelt, weil hier die kapitalistische Geistes- und Lebenshaltung Ursprung und reinste Ausprägung findet, die auch das europäische Denken vom frühen 20. Jahrhundert an entscheidend mitbestimmt.

Exodus

Ein Moses-Roman

Friedrich Zauner: Vom Ende der Ewigkeit zum Anfang und wieder zurück
Von Dr. Stefan Rammer


Da steht er, zwischen dem Georgsberg, auf dem die Veste Oberhaus thront, und dem Steinbühel, von dem das Nonngütlein herabgrüßt, und richtet seinen Blick voraus. Meine Damen und Herren, wir sind in Passau. „Zwischen beiden Bergen ist eine Schlucht, durch welche ein Wasser hervorkömmt, das von oben gesehen so schwarz wie Tinte ist. Es ist die Ilz, es kömmt von dem böhmisch­bayerischen Walde, der überall die braunen und schwarzen Wasser gegen die Donau sendet, und vereinigt sich hier mir der Donau, deren mitternächtliches Ufer es weithin mit einem dunklen Bande säumt." Adalbert Stifter weiß, wovon er schreibt, im „Ladenstöckl" des Rosenbergergutes in Lackenhäuser, wo er diese ersten Zeilen seines 1876 erschienen Romans „Witiko" zu Papier bringt. Wie er seinem Freund Franz Xaver Rosenberger versichert, hängt seine „ganze Seele an dieser Gegend". Von der in Passau in die Donau mündenden Ilz geht es hinauf in das Waldmeer, das Stifter so ergreift. „Mitternachtswärts ... steigt das Land staffelartig jenen Wald empor, der der böhmisch-bayerische genannt wird. Es besteht aus vielen Berghalden, langgestreckten Rücken, manchen tiefen Rinnen und Kesseln, und obwohl es jetzt zum größten Teile mit Wiesen, Feldern und Wohnungen bedeckt ist, so gehört es doch dem Hauptwalde an ..." Daran meine sehr verehrten Damen habe ich gedacht, als die Frage an mich herangetragen wurde, ob ich eine Einführung zu Friedrich Ch. Zauners neuem Buch machen möchte, in Linz im Stifterhaus. Eine Einführung zu Friedrich Ch. Zauner, nein, meine Damen und Herren, eine Einführung zu diesem Mann, zu einem der wichtigsten zeitgenössischen österreichischen Schriftsteller, die möchte ich, obwohl ich zugesagt habe, nicht machen. Eine Einführung zu einem Werk Zauners würde ich sehr kurz fassen. Dieser Mann und sein Werk passen in keine Schublade, in eine solche würde eine herkömmliche Einführung sie aber unweigerlich stecken. Eine einzige Empfehlung sollte eine Einführung sein, die lautet: Lesen Sie diese Schrift, lesen sie diese Worte, sie fügen sich zusammen zur Realität, der Ihren, der unseren, der universalen. So sollte ich es auch mit diesem Moses-Roman machen. „Lesen Sie ihn, er führt Sie zu sich selbst"
Also keine Einführung, aber ein Erklären meiner persönlichen Zaunersuche und -findung. Hätte Adalbert Stifter seinen Helden nicht auf die linke Donauseite gestellt, ihn nicht ilzaufwärts in den Bayerwald, der damals schlicht das große böhmische Waldgebirge war, wandern lassen, sondern auf der rechten Seite, da wo der eigentlich mächtigere Fluss daherkommt, der Inn, der in Passau wegen ein paar Kilometer weniger im Gepäck seinen Namen an die Donau abgeben muss, dann wäre er ins Zaunerland hinaufgewandert, wie viele andere es getan haben, der von mir so geschätzte Hans Carossa, dessen Villa einen Steinwurf von meinem Haus steht, der oft und gerne zum Zwickledter Magier gewandert ist oder mit dem Zug nach Wernstein gefahren ist, der mit Alfred Kubin wie so viele bekannte Zeitgenossen auch Briefe ausgetauscht hat, in denen das Inntal immer mitschwang. An den Passauer Autor Max Peinkofer habe ich gedacht, dessen Nachfolger als Heimatglöckner der Passauer Neuen Presse, einer heimatkundlichen Beilage, ich bin, und der ebenso mit Kubin wie mit Carossa befreundet war. Stifter hat den Böhmerwald verewigt. Der Sauwald blieb dem Zauner vorbehalten. Und das ist gut so. Mein Denken an Stifter, Carossa, Kubin und Co., meine Damen und Herren, hat mich zu Friedrich Zauner geführt. Als Leiter des Feuilletons der Passauer Neuen Presse in den Neunziger Jahren habe ich „Das Ende der Ewigkeit" kennengelernt. Dieses monumentale Epos, das ich ihnen hier auch nicht vorstellen muss, hat mich auf die Spuren eines Carossa, Kubin, eines Richard Billinger oder Max Peinkofer gesetzt. Ich wurde neugierig auf den Sauwald. Überwiegend mit dem Fahrrad bin ich innaufwärts und donauabwärts aufgebrochen, in eine Landschaft von Tälern durchschnitten, nicht nur in Inn­und Donautal, sondern in Nebentäler von hoher Schönheit. Diese Landschaft zwischen Inn und Donau, durch das Dreieck gezeichnet, das die Orte Haibach, Freinberg, Schardenberg, Oberesternberg und Wernstein bilden, wo beträchtlich weite Höhen sind, Wälder, Wiesen und Felder sich mit weit entfernten Hügeln und Bergen wechseln, das Nahe mit dem Fernen sich verbindet. (Übrigens sind in den Märztagen 1938 auch über das Mariahilfer Tal die Panzerwagen der deutschen Wehrmacht gezogen, hat Hitler seine Truppen in sein Heimatland einmarschieren lassen, durch den Sauwald. Auch das sei angemerkt).Ich bin also das Passauer Tal hinab und den Passauer Wald hinauf, durchs Kösslbachtal z.B., hinein in den Sauwald aufwärts zum Haugstein, der höchsten Erhebung. Sie wissen, meine Damen und Herren. Der Sauwald ist nicht nach Wildschweinen benannt, die es auch gibt hier, der Name ist durch eine Wortverkürzung entstanden. Aus dem Passauer Wald wurde der Sauwald, der nichts anderes ist als die Fortsetzung des Böhmerwaldes, der denselben Charakter, dieselbe Bodenbeschaffenheit hat.
Nun auf den Spuren der „Ewigkeit" bin ich Zauner gefolgt, über den Kupferhammer in Haibach, wo Carossa und Kubin oft fröhlich zechten, das Haibachtal hinauf nach Winkl, nach Steinbrunn, über den Schardenberg, der auch Fronberg heißt weiter und gar oft führte mich der Weg auch vorbei an Rainbach, dort wo der Zauner geboren wurde, wo er lebt und schreibt. Ich habe Thal gefunden, bin in Oed eingetreten, habe das Fegefeuer besucht und mich im Hintern Wald verlaufen. Meine Damen und Herren, ich bin ins tiefe Innviertel geraten, in die tiefste Provinz möchte man meinen, die so voller Welt war und ist wie sonst nirgends. Diese Wege sind heute noch gangbar, die Entdeckungen sind immer noch möglich. Was Zauner in seinem Romanzyklus so kompromisslos, so genau und so real beschrieben hat, es ist immer noch da. Dort also habe ich das „Ende der Ewigkeit" kennengelernt. Und nun stehe ich, wenn man so will am „Anfang der Ewigkeit". Vom Sauwald ins alte Ägypten geraten, in die Wüste und dorthin, wo Milch und Honig fließen.
Die junge Verlegerin Anna Duschl hat sich meiner erinnert und mich gebeten, den von ihr verlegten „Exodus" zu lesen und ein paar Zeilen darüber zu schreiben. „Der Aufbruch" und die Wüstenwanderung". Es hat nicht lange gedauert und ich habe erkannt, ich bin ja eh im Zauner-Land. Dieser Schriftsteller schreibt an einem einzigen großen Werk. „Exodus" gehört dazu. „Hiob", „Ruth" und „Abraham im ägyptischen Exil", „König David", diese Figuren hat er in seinen Evangelienspielen dramatisiert. Für den Moses hat er sich wieder die Bühne der Erzählung gesucht. Und auch hier ist es ein Bloßlegen der Wurzeln unserer Kultur. „Alles, was in den zweitausend Jahren abendländischer Geschichte im Guten wie im Bösen, an Großartigem wie an Fehlerhaftem passiert ist, hat seinen Ursprung in jenem Gedankengut, das uns in der Bibel überliefert wird." Das sagt Zauner selbst, dessen Opus Magnum „Das Ende der Ewigkeit" einem Mikrokosmos im Makrokosmos gleich diese Jahrtausenderzählung zu fassen vermag. Die Bibel macht unsere Kultur, macht unser Zusammenleben, macht letztlich uns selbst aus. Ob wir das wollen oder nicht, ob wir das wissen oder nicht. Friedrich Ch. Zauner erkennt die Prägekraft biblischer Geschichten, liest sie seiner Zeit und deren Akteuren ab und wieder vor. Er sagt seinen Lesern auch, dass die biblischen Helden gar keine Helden sind, sondern durchwegs gebrochene, problematische Figuren, behaftet mit allen erdenklichen menschlichen Schwächen. So wie jeder von uns. Abraham verlangte von seiner Frau Sara, sich als seine Schwester auszugeben, damit er mit seinem Volk überleben konnte. David, der poetische Hirtenknabe, führte als König ein Leben, das keineswegs vorbildhaft war. Und schließlich verhielt sich ja selbst Jesus zum Leidwesen seiner Apostel keineswegs heldenhaft. Er schwitzte Blut und wurde nicht als glorreicher Sieger, sondern als erniedrigter Gekreuzigter zum Leitbild. „Für mich rückt er", sagt Zauner „rücken die Bibelfiguren durch ihre Schwächen und ihre Mangelhaftigkeit nur noch näher an uns heran, die Heiligen und Helden bleiben Wunschbilder, denen man als gewöhnlicher Sterblicher kaum nacheifern kann." Und nun als Moses. Zauner stellt die alte Geschichte von Moses, seinem Aufbruch und seiner Wanderung neu und doch authentisch dar. Er ist ein genauer Beobachter und ein noch präziserer Exeget des Vorgefundenen. Sein Moses ist kein Held, so wie Gott, sein Herr, nicht der „Liebe", sondern der Unbequeme ist. Moses ist kein perfekter Mensch, er schlägt einen Ägypter tot, weil der einer jungen Frau Gewalt antut.
Zauner schildert dies so unaufgeregt wie realistisch: „Moses schaut in das ausgemergelte Gesicht des Arbeiters, sieht es wie zum Greifen nahe vor sich, sieht Augen trüb und rotgerändert vom Ziegelstaub, sieht die messerschmalen Lippen und spürt förmlich, wie das Blut in seinen Halsadern hämmert. Er könnte sich abwenden. Was bedeutet ihm der Mann? Er würde ihn am anderen Morgen kaum wieder erkennen. Aber er geht ganz ruhig und keinen Schritt schneller als der Ziegelträger über das Feld, entreißt dem Aufseher, der das Schwert gezogen hat und kurz unsicher wird, weil er einem Ägypter gegenübersteht, die Waffe, als wäre es ein leichtes, und tötet ihn mit zwei Hieben. Moses erschrickt, er steht eine Weile wie benommen."
Meine Damen und Herren, wir erschrecken auch und werden leicht benommen: Moses ist ein unberechenbarer Mann und voller Makel. Er hat große Mühe zu sprechen. Er kann kaum gehen, ist selbst unzugänglich. Und doch führt er sein Volk und geleitet es durch die Wüste. Denn er hat eine Idee und er hat ein Ziel. Das macht ihn aus. Und auch, dass er das Ziel nicht erreicht, wohl aber sein Volk, das er durch die Wirrnisse der Zeit geführt hat, ist Sinnbild unseres Menschseins. Gegen Ende des Romans lesen wir: „Moses ist nicht der Mann, der Berge ansteuert, der Ziele findet, der Aufgaben löst. Moses sieht, was er sieht, darin liegt seine Stärke, er hört, was er hört, während alle übrigen in Taubheit erstarren. Moses ist der er ist. Das macht ihn aus."
Friedrich Zauner hat mir, als ich ihn im Sommer besucht habe, von Johannes XXIII. erzählt vom Hirten, vom Bauern, der als Übergangspapst auf den Stuhl Petri gekommen ist, und der die Kirche verändert hat, wie keiner vor ihm, erwies er sich doch bald als einer, der Mut zu historischen Veränderungen hatte. Zauner hat den Roncalli-Papst mit seinem Moses verglichen. Moses als Sinnbild für den Menschen, in dem mehr steckt, als er und andere glauben. Moses als der Mensch, der durch die Wirrnisse der Zeit muss, der dabei seine Kinder mitnimmt, ohne eigentlichen Plan, aber mit einem Ziel vor Augen. Den letzten Schritt kann er nicht mehr gehen, den letzten Schritt macht der Sohn, macht die Tochter. „Jede Wanderung ist eine Suche" lesen wir und „Für mich ist der Weg zu Ende. Für die anderen und auch für uns geht die Suche weiter.
Ich möchte hier mit einem Zitat eines Mannes schließen, der Friedrich Zauner sehr gut gekannt hat und der leider im Oktober 2012 verstorben ist: Der Germanist und Radiojournalist Walter Münz, ein gebürtiger Passauer, hat zu Zauners Werk gesagt: „Dichtung, die in Zeitgenossenschaft zu einer gekreuzigten Menschheit steht, muss sich allzeit selbst nach ihrem Sinn fragen. Dieser scheint erfüllt, wenn sie es vermag, in kommenden Geschlechtern eine neue Ehrfurcht zu erwecken, um so mehr in einer geheimnislos gewordenen und jedem menschlichen Frevel verfügbaren Welt, der die Hoffnung auf ein letztes Mysterium geblieben ist, das der Gnade."

 

VOLL DER ERWARTUNG

von Univ. Prof. Dr. Peter Pabisch

VORWORT
Was diese Inszenierung im Juni 2013 erreichte, muss als einmaliges Ergebnis eines echten Gesamtkunstwerkes gelten. Ihre Vorbereitungszeit, die Lokalität des idyllischen Dorfes Rainbach, die freundliche, ungezwungene Atmosphäre, die sich auf die Zuschauer überträgt, die Auswahl der Mitwirkenden, der Schauspieler und der Musiker ebenso wie der Helfer und Gestalter von Bühnenbild und Kostümen, all dies gibt Zeugnis für den kulturellen Erfolg. Er stellt die Rainbacher Evangelienspiele der früheren Jahre nicht in den Schatten; das Ergebnis dieses Jahres bezeugt jedoch, dass die gewonnene Erfahrung eines erfolgreichen Theaterunternehmens auf solidem Unterbau steht und fest damit verankert ist.
Es ist mir in meiner Darstellung von Skizzen und Text nicht um bloße Nacherzählung gegangen, vielmehr sollte der gelungene Wurf festgehalten werden, der bei diesem Stück Von Jakob, Josef und seinen Brüdern klar nachzuweisenist. Dabei bestätigt sich, dass das Gelingen im Gesamten weit über die Bühnenaktion hin ins Umfeld hinausreicht. Wer das Geschehen des Jahres 2013 miterleben durfte, hat das eingespielte Teamwerk gespürt. Da haben auch die in den Pausen angebotenen bodenständigen Krapfen, die Knackwurst- und Schmalzbrote, die Kaffeeportionen und die anderen Getränke ihren Platz – samt der liebenswürdigen Art, womit sie von pflichtgetreuen, um das Gelingen der Aufführungen besorgten Serviererinnen und Servierern angeboten wurden. All dieses oft nicht beachtete Betriebsdetail schmiegt sich innig in die Totalität des Gebotenen.
Die erhellte Bühne ließ die Beleuchtungsmannschaft ahnen, die ohne Fehler ihre Einsätze vom Dachgeschoß aus verlässlich in Operation setzten. Da schlug jede andere Aktion von der großartigen Musik zu den nicht minder eindrucksvollen Schauspielern und Nebendarstellern in die gleiche Kerbe. Die Szene der Frauen am Brunnen oder jene in der Wäscherinnen in Haran sind erfreuliche Beispiele dafür.
Draußen vor dem Tor, sozusagen, auf der Straße, wurde der ungewöhnlich rege Verkehr voll der Sicherheitsvorkehrungen anstandslos geregelt. In allem fügte sich eins ins andere und trug zum Gesamtgeschehen bei. Der Chor, das Orchester, die Gruppendarstellungen der Brüder Josefs oder der Kinder um den Chronisten, die Kostüme, die Masken, die Regieassistenz und schon gar die Regie, die künstlerische Leitung spielten Hand in Hand. Ja, schon die verwaltenden Leute am Einlass sahen dazu, dass alles seinen geordneten Weg gehe und auch dass der Groschen stimme.
Die Schaffung des Spieles berücksichtigte die Musik in großem Maße. Wie im Film bewirkte die musikalische Untermalung, die Robert Pockfuß und Bernhard Höchtel komponiert hatten und die Erasmus Baumgartner in Bewegung hielt und umsichtig ausbreitete, eine Darstellungskomponente, die Augenweide und Ohrenschmaus sinnvoll vereinten. Diese Musikkomponente erfährt bei den Dramen Friedrich Ch. Zauners völlige Gleichberechtigung zum Schauspiel selbst. Darin brillierte die gesamte Schauspielertruppe, getragen von den Profis bis hin zu den aufmerksamen, einsatzfreudigen Laienspielern.
Die Leistungen all dieser Menschen deutet der nachfolgende Text samt den Zeichnungen an. Skizzen beruhen bekanntlich auf dem Prinzip der wenigen Striche, da für genaue Zeichnungstechnik wenig Zeit zur Verfügung steht. Alles ist in Bewegung und die bildnerische Darstellung muss das Wesentliche erfassen. Zuweilen sind dann Proportionen überzogen oder verringert, da wird die Strichführung nicht zu Ende gebracht. Doch wo die einzelnen Zeichnungen gelungen sind, zielen sie auf den Punkt, wie die Gegenüberstellung zu zahlreichen Fotographien und Fernsehfilmaufnahmen bestätigen. Von knapp zweihundert Skizzen in vier Tagen eigneten sich um die siebzig für das vorliegende Werk. Erst nach ihrer Auswahl und Zusammenstellung entstand der Begleittext.
Friedrich Ch. Zauner sah bei einem Besuch mit dem Österreichischen P.E.N. – Zentrum in Neumexiko vor ein paar Jahren meine Skizzen von Aufführungen im Nô – Theater in Tokyo, an der Sommeroper von Santa Fe oder von europäischen Bühnen, wie etwa der „schaubühne“ in Berlin. Und er lud mich dankenswerterweise ein, nach Rainbach zu reisen und dort mehrere Tage ein Gleiches zu tun und zu skizzieren. Diese Ermutigung und Förderung habe ich freudig angenommen. Der bemerkenswerte Dramatiker, Literat, Regisseur und Gesamtkünstler hat mich mit umgreifender Arbeit an seine Bühne involviert, und ich fühlte mich zum Mitmachen außerordentlich und wie schon lange nicht angeregt. Dieses mein Engagement hat sich auf das vorliegende Werk übertragen. Schließlich hat es mich zur Überzeugung gebracht, dass Die Rainbacher Evangelienspiele im Jahrzehnt ihres Bestehens Teil der Weltkultur geworden sind. Sie haben ihren oberösterreichischen Ort Rainbach - samt der Umgebung von Münzkirchen bis Linz, Ried und Schärding, ja, bis Bad Ischl, bis Passau und sogar ganz Bayern – auf die internationale Kulturszene gehoben.
Peter Pabisch,
Albuquerque, Neumexiko, USA im Juli 2013 

 

 

Ausgewählte Dramen

In der Übersetzung von Univ. Prof. Fatih Tepebasili sind die drei Stücke "Deserteure", "Spuk", "Fiktion" in der Türkei erschienen.

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Oskar legt ein Ei

Roswitha Zauners Kinderstück ist seit seiner Uraufführung am 20. Juni 1978 durch das Theater des Kindes, Linz, inzwischen in 44 verschiedenen Produktionen in Deutschland, Österreich, der Schweiz, Belgien Italien und Ungarn zu erleben gewesen. Die höchste Aufführungszahl an feststehenden Bühnen mit 113 Vorstellungen erreichte dabei das Theater des Kindes in Linz: Die längste Laufzeit: Mittlerweile im 10. Jahr spielt die Theaterinitiative Anima das Stück und die Nachfrage lässt nicht nach. Für Außenstehende am schwersten verständlich dürften wohl die Kassettenedition von Tudor Recording Zürich auf Schweizerdeutsch (De Oskar leggt es Ei) und die plattdeutsche Version des Ekerner Speelköppel in Bad Zwischenahn gewesen sein. Unübertoffen personenreich fiel die Inszenierung von Augustinus Pantel aus, der auf der Freilichtbühne Billerbeck das Sechspersonenstück mit gut der dreifachen Menge an Darstellern besetzte. Die aufwändigste Bühnendekoration brachte die Kunstbrettl AG'e Pettenbach zustande, die nicht nur die Bühne, sondern das ganze Theater und noch den Eingangsbereich mit originalem Bauerngerät ausgestattet hatte, sogar ein echter Heuwagen befand sich darunter. .

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Dissertation in England:

 

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Scharade

ISBN Nr: 978-3-99025-016-7
Preis: EURO 14,90
Hardcover, 162 Seiten 12 x 19 cm
Vorbestellungen unter www.freya.at möglich

Scharade
 

Buchbeschreibung:
Nach dem Bertelsmann und dem Steinmaßl Verlag bringt der Linzer Verlag Freya Friedrich Ch. Zauners Erfolgsroman "Scharade“ in dritter Ausgabe heraus. Das Buch erzählt die Geschichte eines Galeristen, der ausbricht, nicht nur weil er der Oberflächlichkeit der Münchner Kunstszene überdrüssig ist, sondern weil er dazu gezwungen wurde. Die Affäre seiner Frau mit einem oberflächlichen Karierekünster treibt ihn zur Flucht in die provinziellen Idylle, von der er sich Linderung für seine Seelenqual erhofft. Doch Lethargie und Verzweiflung lassen sich durch Fischen und Wandern nicht vertreiben; erst als seine Aufmerksamkeit von dem eigentümlich-reizvollen Frauenbild in seiner Pension gefesselt wird, ist Langheim in der Lage, seine Verletztheit auszublenden. Indem er versucht, den Maler und die Porträtierte ausfindig zu machen, wird er, der erfolgreiche Galerist- zurückgeworfen auf sich selbst - mit einer überraschend neuen Einstellung zur Kunst konfrontiert und er beginnt seinen Lebensweg und auch die Beziehung zu seiner Frau zu überdenken

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Übersetzungen

"Scharade", Zauners Erzählung über die die Begegnung eines Münchner Galeristen mit einem versponnen, in der Einschicht hausenden Künstler, der manisch das Bild seiner Frau auf die Leinwand bannt, ist in der Übersetzung durch den indischen Autor Mihir Ganguly in Kalkutta in bengalischer Sprache erschienen.:

"Als er anklopfte, der mit seiner Knochenhand" liegt in der Übersetzung durch Milos Okuka in serbischer Sprache im Arhipelag Verlag Belgrad vor.

Flavia Foradini hat das Theaterstück "Aller Tage Abend" in italienischer Sprache unter dem Titel "Spalle al Muro" herausgebracht. Ihre Übersetzung erschien abgedruckt in der renommierten italienischen Thaterzeitschrift SIPARIO.

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Filmporträt von Friedrich Ch. Zauner produziert die Puluj Film in ihrer Reihe "Kopfstücke". Kontakt: Peter Puluj Filmproduktion, Hainzenbachstr. 98, 4060 Leonding Im Begleittext wird Zauner wie folgt zitiert: Ohne bis dahin mit Literatur oder Bühne in Verbindung gekommen zu sein, habe ich als 10jähriger Bub Theaterstücke zu verfassen begonnen, geprägt von jenem kruden Lesefutter , das ich in der dörflichen Welt vorfand, und geprägt von der plastischen Erzählkraft meiner Innviertler Landsleute. Wahrscheinlich wollte ich den vielen alten Geschichten ein paar neuere hinzufügen. Und dasselbe will ich im Grunde eigentlich immer noch - eine eigenständige Facette im Kunstbetrieb darzustellen und möglichst vielen Menschen Anlass für literarsiche Begegnungen zu liefern.